Holtzmann & Friends – rund 90 gemeinnützige Projekte wurden für die erste Charity-Aktion im Dezember 2020 eingereicht. Anschließend vergaben bis Mitte Januar 2021 insgesamt 398 Kunden und Mitarbeiter für ihr Lieblingsprojekt ein Herzchen und unterstützten somit zehn soziale Projekte direkt in der Region. Diese 10 Herzensprojekte haben im Januar 2021 gewonnen:
Platz 2 der Charity-Aktion 2020

Celines Ausbildungstraum

Sibylle Gereke
Preisübergabe Herzensprojekt​ Platz 2, 2021, Celines Ausbildungstraum, Preisübergabe 2. Platz Sören Holtzmann, Goldschmied Ralf Richter​, Céline Gereke​, Andreas Strug (v.l.n.r.)
Preisübergabe 2. Platz
Sören Holtzmann, Goldschmied Ralf Richter, Céline Gereke, Andreas Strug (v.l.n.r.)

Projektbeschreibung:

Wenn Céline Gereke an der Werkbank neben Goldschmied Ralf Richter sitzt, lebt die 18-Jährige ihren Traum. Es geht um Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung, Freude an kreativer Arbeit. Und ein bisschen normales Leben.

Ihr Leben verlief anders als normal. Es begann mit einem angeborenen offenen Rücken und einem Hydrocephalus, einem Wasserkopf. Ihr erster Lebenstag war gefüllt durch eine Zwölf-Stunden-Operation, um ihren Rücken zu verschließen und eine Extraröhre, einen „Shunt", vom Kopf in den Bauch zu verlegen, damit überschüssige Nervenflüssigkeit abfließt. Ist der „Shunt" verstopft, defekt oder verschoben, folgen Kopfschmerzen, Übelkeit und Angstzustände – und manchmal Lebensgefahr.

Mit sechs Jahren überlebte Céline eine Gehirnblutung. Sie hat kaum Gefühl in Beinen und Füßen, die durch Schienen stabilisiert werden müssen. Für Dauerprobleme sorgt eine seitliche Verbiegung ihrer Wirbelsäule, eine Skoliose. Darum trägt Céline nachts ein Korsett. Die Ärzte überlegen, wie sie die weitere Verkrümmung der Wirbel aufhalten können. Sie wollen sie künstlich versteifen. Wenn das geschieht, wird Céline nicht mehr laufen und nur noch im Rollstuhl sitzen, den sie jetzt nur für längere Strecken nutzt.

„Wir haben gelernt, mit Kompromissen zu leben, und unsere Prioritäten angepasst. Es geht uns darum, dass es Céline gut geht", sagt Vater Lars (47). Er ist Industrieglasfertiger, derzeit in Kurzarbeit. Mutter Sibylle (45), gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau und nun Fachfrau für Antragswesen. Sie kennt sich in allen rechtlichen Belangen von Menschen mit Behinderungen aus und korrespondiert regelmäßig mit dem Anwalt. In zwei Regalen füllen sich Ordner um Ordner mit Antragsformularen, Ablehnungs- oder Bewilligungsbescheiden und Widersprüchen.

Bürokratie der Behinderung
„Dieser bürokratische Aufwand – das sprengt jeden Rahmen. Ich kann den Menschen verstehen, der sagt: Ich habe die Kraft dafür nicht, lasst mich alle in Ruhe. Die leben dann einfach so dahin, obwohl ihnen eigentlich Hilfen zustehen", sagt Lars und schaut zu seiner Frau. „Im Grunde sitzt man jeden Tag am Rechner und beschäftigt sich mit Antragswesen", bestätigt sie. Aber sie halten zusammen.

Céline träumt seit vier Jahren davon, Goldschmiedin zu werden. „Ich möchte eine Arbeit, die mir Spaß macht, wo ich am Ende des Tages sehen kann, was ich geschafft habe. Bei einem Bürojob macht man zum Feierabend den Computer aus, und das wars." Sie erinnert sich, was die Sachbearbeiterin der Arbeitsagentur sagte: „Verliere deinen Traum nicht aus den Augen, einfacher für dich wäre aber eine Bürotätigkeit."

Die Entscheidung für die Lehre in einem normalen Handwerksbetrieb fiel nicht leicht. „Wir haben uns nun bewusst für den normalen' Weg für Céline entschieden", sagt Sibylle. „Die meisten anderen mit Beeinträchtigungen gehen halt in die Werkstätten. Von denen sieht man dann auch nichts mehr."

Sie machte ein zweiwöchiges Schülerpraktikum beim Brunker Goldschmied Ralf Richter in der Oberen Dorfstraße. Dessen eigene Ausbildung begann vor 30 Jahren, seit 1994 ist er als Kunsthandwerker selbstständig. Bekannt ist Richter auch durch die Kunst- und Kulturtage, die er 1998 mitinitiierte. Er erkannte Célines Talent.

Zu gut weiß er, nicht jeder Mensch ist geeignet für sein Handwerk. Neben Kreativität und Geschicklichkeit braucht man ein feines Gespür für Bedürfnisse und Wünsche. Richter weiß, dass es für Celine besonders schwer werden wird. „Ich möchte Céline gerne eine Ausbildung ermöglichen. So habe ich angefangen, zu allen möglichen Ämtern zu gehen, um Unterstützung zu beantragen." Vater Lars sagt dazu: „Ralf hat jetzt auch schon einige graue Haare bekommen."

Gute Zeiten sind es nicht. „Corona hat meine Goldschmiede als Selbstständiger zum Erliegen gebracht. Als Markt- und Ausstellungsverkäufer ist bei mir bis auf Weiteres kein Absatz meines Schmucks in Aussicht. Aber dennoch möchte ich nicht aufgeben. Ich nehme die Aufgabe, Céline auszubilden, mit voller Leidenschaft an."

Die Kosten klettern
Für die Ausbildung muss vieles behindertengerecht umgebaut werden, und sie fordert Richters volle Konzentration und Aufmerksamkeit. Es wird ihm nicht möglich sein, wie gewohnt regelmäßige Einnahmen zu erwirtschaften. Richter kalkuliert, dass er monatlich rund 1200 Euro extra braucht, um den Ausbildungsbetrieb zu finanzieren. Das würde Werkstattkosten, Betriebshaftpflicht, Nebenkosten und Übungsmaterialien abdecken.

Zudem wird Richter nicht nur Ausbilder sein, sondern Célines persönlicher Assistent in allen Fragen. Die Arbeitsagentur wird Célines Ausbildungsvergütung, Lohnnebenkosten, Werkstattumbau und Fahrtkosten übernehmen.

Im August 2021 soll die dreijährige Ausbildung offiziell beginnen. Vorher wird Celine ein halbjähriges Praktikum machen. Sie braucht den Vorsprung, denn sie muss ja auch zur Berufsschule. Richter suchte lange und fand eine passende Einrichtung – in Arnstadt/Thüringen, 220 Kilometer oder zweieinhalb Autostunden entfernt. Dort soll der Blockunterricht stattfinden.

Das heißt: mehr Logistik, mehr Kosten. Richters Azubi braucht einen Fahrdienst, für Übernachtungen eine Dekubitus-Matratze, Pflegematerial, einen Unterrichtsassistenten.

Mit Unterstützung der Aktion "Holtzmann & Friends. Gemeinsam stark!" möchten wir unserer Tochter Celine diese Ausbildung zur Goldschmiedin ermöglichen.

Weitere Informationen unter: Youtube Video
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden, wünschen den Gewinnerinnen und Gewinnern eine erfolgreiche Umsetzung Ihrer Projekte!

Let's go!

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